Der Bürgerkrieg

1120 ertrank William, der einzige legitime Sohn König Henrys, beim Untergang des ‘Weißen Schiffes’ in englischen Kanal. Henry war nicht gewillt, einen seiner vielen illegitimen Söhne als Thronfolger zu benennen. Also ließ er seine ein Jahr zuvor verwitwete Tochter Maud 1126 zur Thronfolgerin erklären. Die Barone wollten zwar keine weibliche Thronfolgerin, leisteten aber dennoch den Treueschwur auf die Thronfolgerin.
 
Als Henry am 1. Dezember 1135 an einer Fischvergiftung starb, erklärte die Mehrheit der Barone kurzerhand Stephen, der sich im Gegensatz zu Maud in England aufhielt, zum neuen König. Damit wollten sich aber die Anhänger des alten Königs nicht abfinden. Bereits 1135 verweigerten die Städte Colchester und Ramsey Stephen den Eintritt. 1136 musste Stephen die ersten Rebellionen in Norfolk und StephenDevon niederschlagen. Ein langer blutiger Bürgerkrieg hatte begonnen.
Keine der Partei war jedoch stark genug um die Auseinandersetzung zu gewinnen. Stephen fehlte es sowohl an loyalen Verbündeten, wie auch an Rücksichtslosigkeit. Unterstützt wurde er unter anderem von seinem Bruder Henry von Blois, dem Erzbischof von Winchester. Maud wurde zwar von ihrem Onkel, dem schottischen König David I., sowie ihrem illegitimen Halbbruder Robert, dem Earl von Gloucester unterstützt, konnte aber ebenfalls nie einen entscheidenden Schlag landen.
 
Obwohl das Land nicht vollkommen in Anarchie versank, wechselten viele Feudal- und Kirchenherren mehrfach die Seiten; darunter auch Stephens Bruder Henry. Der enge Bund zwischen König und Adel ging verloren. Einzelne Feudalherren wie Graf Ranulf von Chester oder Geoffrey de Mandeville, der Earl von Essex, versuchten ebenfalls die Krone an sich zu reißen.
 
Die ersten größeren Gefechte zwischen den Truppen des Königs und der Kaiserin fanden 1137 statt. Im Sommer 1138 wurde die Burg von Shrewsbury von Stephen belagert und schließlich eingenommen. Am 30. September 1139 landete Maud mit Robert, dem Earl von Gloucester, sowie 140 Rittern bei Arundel. Dabei wäre Maud beinahe gefangen genommen worden und es war einzig dem Großmut von Stephen zu verdanken, dass sie ungehindert passieren und sich in Bristol verschanzen konnte. Im August 1140 kam es zu erfolglosen Verhandlungen zwischen Stephen und Maud. Angetrieben wurden diese Verhandlungen von der Kirche.
Stephen Münze 
Im Dezember 1140 verbündeten sich die Grafen von Chester und Lincoln mit Stephen, brachen ihren Bund aber wenige Wochen später und liefen zu Maud über. Im Februar 1141 wurde Stephen in Lincoln gefangen genommen und in der Burg von Bristol eingekerkert.

Wenig später wurde Maud von Stephens Bruder Henry von Blois, dem Bischof von Winchester, zur ‘Domina Anglorum’, zur ‘Mutter der Engländer’ erklärt und erhielt durch ein Konzil am 7. April 1141 die Unterstützung der Kirche.
Trotzdem wurde sie nicht sofort gekrönt, da andere Bischöfe, z.B. Bischof Theobald von Canterbury (ein enger Vertrauter von Stephens Frau Königin Matilda), sich zierten.
 
Als Theobald endlich nachgab reiste Maud zur Krönung nach London, trat dort aber so arrogant auf, dass sie sich die Sympathie der Bürger, ja sogar vieler ihrer Verbündeter, verscherzte. Statt in Westminster gekrönt zu werden, musste sie vor der aufgebrachten Londoner Bürgerschaft nach Oxford fliehen. Königin Matilda, Stephens Frau, ergriff die Gelegenheit und reiste nun ihrerseits von Kent nach London - wo sie stürmisch empfangen wurde. Bischof Henry von Blois schwenkte erneut um und ergriff wieder Partei für die Seite seines Halbbruders...
 
Henry von BloisDaraufhin zog Maud mit ihren Truppen im Sommer 1141 nach Winchester und belagerte die bischöfliche Burg. Henry war jedoch vorbereitet und verschanzte sich. Bei der Schlacht um die Burg wurden große Teile Winchesters durch eine Feuersbrunst zerstört. Da es der Kaiserin nicht gelungen war die Burg zu stürmen, belagerte sie die Burg weiter. Nun rückten aber die Truppen der Königin, unter denen sich alleine über 1000 Londoner befanden, an und belagerten ihrerseits die Belagerer. Der erste Ausbruchsversuch der Kaiserlichen bei Andover scheiterte. Bei den Gefechten wurde Andover niedergebrannt. Beim zweiten Versuch konnte Maud nach Bristol fliehen. Ihr Halbbruder Robert, der Earl von Gloucester, wurde aber am Fluss Test von flämischen Söldnern gefangen genommen und in Rochester interniert. Nun saßen sowohl der König, als auch der wichtigste Mann der Kaiserin in den Kerkern der Gegenseite.
 
Nach Verhandlungen wurden Stephen und Robert gegen einander ausgetauscht. Auf dem Konzil vom 7. Dezember 1141 schwor Bischof Henry von Blois die Geistlichkeit erneut auf Stephen ein. Robert von Gloucester schiffte sich in Wareham nach Frankreich ein um bei Mauds Ehemann, dem Grafen Geoffrey von Anjou, Hilfe zu erbitten. Er stieß jedoch auf taube Ohren. Geoffrey hatte andere Prioritäten. Er wollte die Normandie unter seine Herrschaft bringen. Das einzige was Robert mit nach England nehmen konnte war Mauds und Geoffreys ältester Sohn, Henry Plantagenet...
 
Maud in OxfordIm Sommer 1142 konnte Stephen die Stadt und den Hafen von Wareham erobern und kesselte Oxford ein, in dessen Burg sich Maud befand. Kurz vor Weihnachten, als die Vorräte in der Festung von Oxford immer weiter dahinschwanden, und als der Fluss zugefroren und die Erde schneebedeckt waren, ließ sich die furchtlose Kaiserin mit dreien ihrer Ritter von einem der Türme abseilen und überquerte den gefrorenen Fluss zu Füßen der Burg. Ganz in weiße Gewänder gehüllt und so im Schnee fast unsichtbar, schlüpften sie durch die Reihen der belagernden Armee. Ihr Ziel war Wallingford, wo Maud ihren Bruder und ihren ältesten Sohn Henry vorfand, und von wo aus es ihnen gelang Bristol zu erreichen.
Im März 1143 kam es zur Schlacht bei Wilton. Diesmal war es Stephen, der nur mit knapper Not dem Earl von Gloucester entkommen konnte. So schwappte das Kriegsglück hin und her.
 
Im Sommer 1143 gelang es Stephens Vertrauten gerade noch rechtzeitig eine Verschwörung des Grafen Geoffrey de Mandeville, des Earl von Essex aufdecken. De Mandeville wurde daraufhin von der Kirche exkommuniziert und für vogelfrei erklärt. Man versuchte ihn zu ergreifen, doch Mandeville konnte sich rechtzeitig absetzen. Er versteckte sich über ein Jahre lang in den Fens, den Sumpfgebieten East Anglias (in der Gegend um Ely und Cambridge). Dort zog er mit seinen Truppen plündernd und brandschatzend umher. Er starb im August 1144 an den Folgen einer eigentlich harmlosen Schussverletzung -
ähnlich wie 55 Jahre später Richard Löwenherz.
 
Der Versuch dem Bürgerkrieg diplomatisch ein Ende zu setzen misslang 1145 auf der Konferenz von Coventry. 1146 konnte der König Robert von Gloucester und seine Truppen einkesseln. Mauds Halbbruder musste nach Frankreich fliehen. Nach dessen Tod (1147) kehrte die Kaiserin 1148 in die Normandie zurück, die ihr Ehemann 1144 erobert hatte.
Ihr ältester Sohn Henry, der 1150 die Normandie von seinem Vater erhalten hatte, hielt den Anspruch auf den Thron weiter aufrecht. 1149 und 1153 versuchte er vergeblich England zu erobern.
 
Stephens SiegelStephens Frau erkranke und starb im Mai 1152. Stephen versuchte seinen Sohn Eustace zum neuen König krönen zu lassen um ihm die Thronfolge zu sichern, doch die Kirche lehnte ab. Eustace wird von Chronisten als brutal, charakterlos und wenig ritterlich beschrieben. Im Juli 1153 kam es zur Schlacht bei Wallingford, doch auch diese brachte keiner Seite den Sieg. Allerdings kam es im Anschluss an das Gemetzel zu einem Handel, der als “Abkommen von Wallingford” in die Geschichte einging. Stephen sollte Henry adoptieren und als Thronfolger einsetzen. Dafür sollte Stephen bis zu seinem Tode unangefochten König von England bleiben. Die Barone, egal auf welcher Seite sie gekämpft hatten, sollten ihre Stellung behalten.
Als Folge des Abkommens verließ Eustace seinen Vater Stephen und zog nun marodierend durch East Anglia, wo er wenige Wochen später im Alter von 22 Jahren (durch Gift) starb. Nun unterzeichneten Henry und Stephen im “Frieden von Winchester”, was sie in Wallingford ausgehandelt hatten.
 
Stephen starb 1154 in Dover Castle (wenige Quellen behaupten Canterbury) und wurde neben seiner Frau in Faversham Abbey, die er selbst gegründet hatte, beigesetzt.
 
Nach der Krönung ihres Sohnes betrat Maud nur ein einziges Mal zu Michaelis 1155 englischen Boden. Sie starb am 10. September 1167 in Rouen und wurde in Bec Abbey beigesetzt. In den Wirren der französischen Revolution wurde ihr Grab geschändet. Ihr Sarg wurde 1846 wieder entdeckt. Sie wurde in der Kathedrale von Rouen neu beigesetzt.

Der erste Plantagenet

Ihr Sohn Henry II regierte 35 Jahre lang ein Reich das sowohl England, als auch große Teile Nord- und Westfrankreichs umfasste. Er war der erste in einer Reihe von 14 Königen aus dem Haus “Plantagenet”. Berühmter als er dürften aber zwei seiner Söhne - und damit Mauds Enkel - sein; Richard (Löwenherz) und John. Aber das ist eine lange und ganz andere Geschichte ...

Henry II.

 

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